Donnerstag, 25. Juli 2019
Gute Erinnerungen
Ich bin generell jemand, der sehr gut im Vergessen ist. Ich kann mich beispielsweise nicht mehr an den ersten Kuss mit meiner zweiten Ex erinnern (ist auch schon 5 Jahre her, aber ist doch ein wichtiger Moment). Vor allem die Zeiten, in denen ich faul zu Hause bin und irgendwas Fernsehe oder zocke, gehen mir verloren.

Mein Semester in Malta hingegen, immerhin jetzt 8,5 Jahre her, ist noch voller Erinnerungen. Beim Lesen meines Tagebuchs vorgestern war besonders bemerkenswert, wie viele Erinnerungen ich doch noch habe, die ich nicht ins Tagebuch geschrieben hatte - und wahrscheinlich - nein, definitiv! - hätte sollen, weil das denkwürdige Ereignisse waren.

Der International Sports Day. Das entscheidende Tischtennisspiel gegen den Boyfriend von Mathilde, das ich schicksalshaft für mich entscheiden konnte, obwohl er als unglaublich guter Spieler galt. Das eine Mal, als ein Mädel den Busfahrer zwang, anzuhalten, weil sie sonst in den Sitz gepinkelt, der Busfahrer tatsächlich anhielt und sie dann mitten am Tag einfach hinter einem Auto an das Auto gepinkelt hat. Als ich mit zwei Freunden, Swavek und Aaron, beim Camino-Beach-Tag wandern ging. Wie ich mich schämte, nicht für Sydney da gewesen zu sein, als sie beinah wegen Alkohol-Übergebens hops gegangen wäre. Der Camping-Trip mit Sydney, wo ich peinlicherweise beinahe nur ein einziges Essbesteck für uns beide mitgenommen hätte, wenn ein Typ namens Victor mich nicht vorher darauf hingewiesen hätte, was für eine mega cringy Dummheit das gewesen wäre. Das Rate-Spielen beim Campen. Wie wir Bäume gepflanzt haben. Wie wir abseilen gingen und ich meinen inneren Schweinehund bezwingen konnte. Wie wir nachts über Felsen geklettert sind und uns nicht bewusst waren, wie wahnsinnig gefährlich das eigentlich war, so fast ohne Licht. Wie unser Camping-Zelt direkt im Schatten eines Luxus-Hotels stand, das wir dann glaub ich auch für einen Schwimmgang besuchen gingen, glaub ich. Die Alice-im-Wunderland-Party. Der witzige Typ von der Cafeteria, der scheinbar 24/7 zu arbeiten schien. Die unmöglichen Sicherheitsvorkehrungen des Straßenbaus von Malta. Wie viel Biere ich wöchentlich kaufte, und wie ich immer bewusst zu Fuß alles nach Hause schleppte und den Lieferservice mied, weil ich das als gutes Training empfand. Die Chemie mit meinem Mitbewohner Peter. Die enigmatische Sabine. Die mich nicht so gern habende Louisa mit ihrem unglaublichen blauen Kleid. Alexa, die glaubte gut Englisch zu sprechen, aber in Wirklichkeit gar nicht gut war. Die Französinnen, die partout nicht Englisch sprechen wollten. Joe, der ein super Dude ist. Sylvain, der partout nicht Bruckhäusl aussprechen konnte und immer seine französische Inflektion hinzufügen musste, obwohl wir 5 Minuten lang die Aussprache übten. Die Drogen, die Michael und Fabian nahmen.

Mein Gott, wie unglaublich gut meine Erinnerung daran ist. Falls ich alt werde, werde ich von dieser Zeit reden, als ob es gestern wäre.

Und natürlich auch ein paar Dinge, die ich nicht genau genug beschrieben habe. Ich frage mich im Nachhinein, wie wohl diese zwei Nächte mit Sydney im Zelt waren, wo wir uns beide eigentlich interessant fanden, aber beide zu schüchtern waren, um einen Move zu machen. Gingen wir wirklich beim Luxus-Hotel schwimmen? Und über was haben wir stundenlang bis in aller Herrgottsfrüh geredet, wie ich des Öfteren schrieb? Ich wünschte, ich wüsste es.

Jedenfalls habe ich vor, einen Film darüber zu schreiben.

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