Sonntag, 8. Oktober 2017
Odesza
Konzerte sind ein großartiger Ort um zu reflektieren. Zuerst beim Weg dort hin, dann beim 15-minütigen Anstehen im Regen zur Ticketkontrolle, dann bei den mäßigen Vorbands und schließlich beim Hauptact in den melancholischen Momenten zwischen den fetten Beats.

Traurig, dass ich immer allein zu solchen Konzerten gehe. Heute hätte ich dabei Freunde machen können, aber ich war einfach zu fertig und dehydriert und verschwitzt, um noch weiter auszugehen - ich musste mich einfach schnell zum nächsten Späti auf ein Monster schleppen und dann weiter nach Hause. Wahnsinn, wie ich verschwitzt war, mein T-Shirt war so nass, als ob ich darin geduscht hätte.

Das Tanzen war wundervoll. Mit den Händen in der Luft fing ich die Schwingungen der Lieder auf und leitete sie in meine Füße weiter. Es gibt keine Videos oder Fotos davon, wie ich tanze, weil es beim Tanzen nicht ums Aussehen geht, sondern darum wie es sich anfühlt. Dieses Loslassen beim Tanzen ist einer der Momente, wo ich so richtig losgelöst glücklich bin. Das bin ich nicht oft diese Tage.

Ich bin einsam. Ich gehe immer allein zu diesen Konzerten. Es ist schön, das Glücksgefühl des Tanzens bloß mit Blicken mit Fremden, mit meinen Mittanzenden um mich rum, zu teilen. Aber noch schöner wäre es, mit Leuten zu tanzen, die man kennt und mag.



Während dem Tanzen und dem Glücksgefühlhoch war ich losgelöst und dachte nur an den Moment. Aber eben davor und danach und in den melancholischen Momenten dazwischen finde ich Zeit zum Melancholieren. Nicht zuletzt auch deswegen, weil mich Odeszas Klänge zurückversetzen ain die Zeit, in der ich sie so exzessiv gehört habe - während meiner gesamten Zeit in Los Angeles eigentlich. Wenn Odesza die Klänge von "I Play You Listen" anspielen, dann versetzt es mich zurück an jene Abende, wo ich um 11 Uhr abends auf dem High Way in meinem alten Rav 4 nach Hause tuckere, es ist 25 Grad warm, ich habe mein Fenster offen und hänge lässig meinen Arm raus und fühle mich jung und schön und wild und frei.

Ich schiele. Um es in den Worten von Spike Spiegel zu formulieren: Eins meiner Augen schaut immer in die Zukunft, das andere in die Vergangenheit. Immerzu. Meistens aber nicht nach Los Angeles, sondern eher an jenen schicksalshaften Moment vor nunmehr 13 Jahren, als ich Lydia zum ersten Mal sah. Manchmal glaube ich, dass meine Gedankengänge niemals gerade sind, sondern immer einen Drall in eine mir unliebsame Richtung besitzen.

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